Einführung

Was ist ein Panorama?

Das Wort Pan­ora­ma ist ein grie­chi­sches Kunst­wort, das sich aus den Wör­tern pân (alles) und hórâ­ma (das Sehen; das Geschau­te; die Erschei­nung; der Anblick) zusam­men­setzt. Pan­ora­ma bedeu­tet dem­nach All-Ansicht oder Rundschau.

Ein Pan­ora­ma ent­steht durch eine zen­tral­per­spek­ti­vi­sche Pro­jek­ti­on des Motivs auf eine Bild­ebe­ne: Dabei kann von fol­gen­dem Modell aus­ge­gan­gen werden:

Ein Mensch bzw. des­sen Auge befin­det sich im Zen­trum einer durch­sich­ti­gen Kugel. Der Radi­us der Kugel ent­pricht dabei einer Arm­län­ge. Zeich­net die­ser Mensch jeden Punkt, den von sei­ner Umge­bung sieht, auf die­se Kugel auf, so nimmt er eine Kugel­pro­jek­ti­on vor. Ein Pro­blem dabei ist, die­se Kugel­ober­flä­che auf eine Ebe­ne “umzu­bie­gen” (dazu sogleich). Ein Pan­ora­ma ist nun ein sol­cher Bild­aus­schnitt, bei dem der auf ein­mal betrach­te­te Bild­win­kel (Öff­nungs­win­kel) grös­ser als 90° ist (oder grös­ser als 100°, je nach Definition).

Das menschliche Sehen

Der Öff­nungs­win­kel eines Pan­ora­mas beträgt also immer zwi­schen 90° (bzw. 100°) und 360°. Ein sol­ches Bild kön­nen wir nor­ma­ler­wei­se nicht “auf einen Blick” überschauen.

Das mensch­li­che Auge hat einen sehr klei­nen Bereich, in dem schar­fes Sehen über­haupt mög­lich ist. Des­halb “hüpft” das Auge von einem Bild­be­zugs­punkt zum ande­ren. Die ent­spre­chen­den Infor­ma­tio­nen wer­den im Gehirn zu einem Gesamt­bild zusam­men­ge­setzt bzw. ver­voll­stän­digt. Dabei kann es auch vor­kom­men, dass feh­len­de Infor­ma­tio­nen “nach Gut­dün­ken erfun­den” wer­den um ein voll­stän­di­ges Bild von der Umwelt zu liefern.

Der Bereich, in dem wir Bewe­gun­gen wahr­neh­men kön­nen, ist das Gesichts­feld. Das mensch­li­che Blick­feld ist nicht etwa recht­eckig oder rund son­dern weist eine “natür­li­che Form” auf. Es ist bei jedem Men­schen etwas anders, da sei­ne Gestalt von vie­len Fak­to­ren abhängt, bei­spiels­wei­se: vom Alter (nor­ma­ler­wei­se rund 175° in der Jugend; rund 139° im Alter), vom Geschlecht (Frau­en haben meist ein wenig grös­se­res Blick­feld), von der Far­be des betrach­te­ten Umfelds, von der Hel­lig­keit des wahr­zu­neh­men­den Gegen­stan­des sowie des­sen Kon­trast zur Umge­bung, der Gesamt­hel­lig­keit etc.

Durch Dre­hung des Hal­ses kann damit unge­fähr eine 330°-Ansicht wahr­ge­nom­men wer­den. Um die vol­len 360° zu sehen, muss zusätz­lich der Kör­per gedreht werden.

Scharf sehen kann ein Mensch jedoch nur in einem Bereich von eini­gen weni­gen Gra­den (so genann­ter Gel­ber Fleck, in der Mit­te der Netz­haut). Des­halb ist es – wie bereits erwähnt – not­wen­dig, dass das Auge stän­dig hin und her hüpft. Der Vor­gang des Zusam­men­set­zens des Gesamt­bil­des ist uns meist nicht bewusst. Einem Men­schen ist es also nicht mög­lich, ein Pan­ora­ma von sei­ner Umge­bung “auf einen Blick” zu sehen. Bei den unten auf­ge­führ­ten Pan­ora­men han­delt es sich denn auch um mathe­ma­tisch-geo­me­tri­sche Kon­struk­tio­nen, die auf den ers­ten Blick viel­leicht etwas seltsam/ungewohnt erschei­nen mögen.

Durch die wei­ter unten vor­ge­stell­ten Pro­gram­me ist es aber mög­lich, sich in den Pan­ora­men umzu­se­hen, so wie wir uns bei­spiels­wei­se auch in einem rea­len Raum umschau­en und dadurch die Illu­si­on zu erlan­gen, wir sei­en mit­ten im Bild anwesend.

Geschichte des Panoramas

Bereits in den Vil­len von Pom­pe­ji fin­den sich “Pan­ora­ma­räu­me”, deren Wän­de den Ein­druck ver­mit­teln, dass man sich in der frei­en Natur befin­det. So rich­tig in Mode kam das Pan­ora­ma aber erst später.

Im Jahr 1787 erhielt ein Ire namens Robert Bar­ker in Gross­bri­tan­ni­en ein Patent für ein Ver­fah­ren, das er “la natu­re à coup d’o­eil” nann­te. In der Zei­tung Times wur­de dann wohl das ers­te Mal der Begriff Pan­ora­ma ver­wen­det, um Robert Bar­kers Monu­men­tal­pan­ora­ma anzukündigen.

Im 19. Jahr­hun­dert waren ins­be­son­de­re Pan­ora­ma­bil­der von Städ­ten, Land­schaf­ten und Schlach­ten in Mode. Die­se wur­den in Rund­pa­vil­lons auf­ge­hängt, wo sich der Besu­cher bewe­gen konn­te, als ob der in der dar­ge­stell­ten Sze­ne sel­ber anwe­send gewe­sen wäre. Aber schon bald kamen auch schon Vari­an­ten in Mode, bei denen nicht der Besu­cher sich durch die Bil­der­welt bewe­gen muss­ten, son­dern die Bil­der vor dem sit­zen­den Betrach­ter vorbeizogen.

Auch die neue Film­tech­nik wur­de umge­hend für die Dar­stel­lung von Pan­ora­men genutzt. Es exis­tier­ten jede Men­ge Spiel­ar­ten des Pan­ora­men: das Monu­men­tal­pan­ora­ma, Ciné­ora­ma (pat. Gri­mo­in-San­son, 1897), Ciné­ra­ma, Claus­tro­pa­nos, Cos­mo­ra­ma, Diora­ma, Geora­ma, Mare­ora­ma, Neora­ma, Pado­ra­ma, Ple­ora­ma, Poly­ora­ma, das Alpen­pan­ora­ma, Regio­nal­pan­ora­ma, Stadt- oder Orts­pan­ora­ma, das fik­ti­ve Pan­ora­ma etc.

Moder­ne Künst­ler gehen häu­fig ent­we­der klar in Rich­tung “Stei­ge­rung der Illu­si­on” (so genann­te pan­ora­ma­ti­sche App­er­zep­ti­on) oder Rich­tung Abs­trak­ti­on (bei­spiel­haft erwähnt sei das Pro­jekt End­los­li­ni­en­al­pen­pan­ora­ma von Theo Fur­rer ). Dane­ben hat jedoch ins­be­son­de­re Yade­gar Asi­si das Monu­men­tal­pan­ora­ma wiederbelebt.

Wer sich für die Geschich­te des Pan­ora­mas inter­es­siert, dem emp­feh­le ich die Bücher in der unten ste­hen­den Lite­ra­tur­lis­te.

Das Fotoalbum

Das ab­ge­bil­de­te Pa­no­ra­ma be­steht aus ei­ner Rei­he Fo­tos, die ohne Sta­tiv gemacht wor­den sind. Die Ein­zel­bil­der wur­den über­lap­pend in ein Foto­al­bum ein­ge­klebt. Es han­delt sich dabei um kei­ne “geo­me­trisch-kor­rek­te” Dar­stel­lung bei der jedem Punkt aus der Umge­bung ein Bild­punkt in der Ebe­ne zuge­ord­net wird. Die gewähl­te Abbil­dungs­form dürf­te jedoch eine der ein­fachs­ten (und auch der ältes­ten) Arten sein, ein foto­gra­fi­sches Pan­ora­ma­bild anzufertigen.

Das so ent­stan­de­ne Pan­ora­ma hat bezüg­lich tech­ni­scher Per­fek­ti­on gewis­se Nachteile:

  • Ohne Sta­tiv bzw. Beschnei­den der Bil­der ist es schwie­rig, eine waag­rech­te Hori­zont­li­nie zu erhal­ten­Die Far­ben der ein­zel­nen Bil­der stim­men nicht über­ein (ins­be­son­de­re stö­rend an den Bild­kan­ten von Farbaufnahmen)
  • Objek­te an den Bild­rän­dern pas­sen nicht auf­ein­an­der (ein Pro­blem der Ver­zer­rung, der Par­al­la­xe oder bei beweg­li­chen Objek­ten ein Pro­blem der zwi­schen den Auf­nah­men ver­stri­che­nen Zeit)

Die­se (meist uner­wünsch­ten) Effek­te kön­nen beim elek­tro­ni­schen Ver­ar­bei­ten der Bil­der zumin­dest teil­wei­se beho­ben werden.

 

Die nach­fol­gen­den Ein­zel­bil­der wur­den aus der Hand geschos­sen, mit auto­ma­ti­schem Weiss­ab­gleich und auto­ma­ti­scher Belich­tungs­zeit sowie Blen­de. Einzel­bil­der übereinandergelegt:

 

Die Stit­ching-Soft­ware kann die geo­me­tri­schen Ver­zer­run­gen und die Farb­un­ter­schie­de aus­glei­chen. Die Ver­wen­dung ver­schie­de­ner Soft­ware führt bis­wei­len zu unter­schied­li­chen Resultaten.

 

Arten der Panoramen-Erstellung

Es gibt meh­re­re Mög­lich­kei­ten, eine Pan­ora­ma-Foto­gra­fie zu erstel­len. Hier ein Ver­such, die­se ver­schie­de­nen Tech­ni­ken zu kategorisieren:

Mehr-Bild-Lösungen

  • Zusam­men­kle­ben: Die Fotos wer­den mit Sche­re und Leim zusam­men­ge­fügt. Die­se Tech­nik wur­de oben, bei den Fotos aus Vene­dig, bereits beschrieben.
  • Stit­ching: Hier wer­den die Ein­zel­fo­tos am Com­pu­ter “zusam­men­ge­näht” (engl.: to stitch). Ver­glei­che dazu das obi­ge Bei­spiel mit dem Berg­pan­ora­ma. Es han­delt sich somit um eine digi­ta­le Vari­an­te der Zusam­men­kleb-Metho­de. Da die Ein­zel­bil­der vor dem Zusam­men­fü­gen noch ent­zerrt wer­den kön­nen, lie­fert die­se Metho­de die viel bes­se­ren Ergeb­nis­se. Im Nach­fol­gen­den wird haupt­säch­lich von die­sen “Stit­ching-Pan­ora­men” die Rede sein (sie sind die viel­fäl­tigs­ten in ihrer Erschei­nung, jeg­li­che Pro­jek­ti­ons­art kann auf sie ange­wandt werden).

Ein-Bild-Lösungen

  • Die nahe­lie­gends­te Lösung ist die Ver­wen­dung eines Weit­win­kel- oder Fisch­au­gen­ob­jek­tivs. Fotos, die mit einem Fisch­au­gen-Objek­tiv auf­ge­nom­men wur­den, kön­nen gege­be­nen­falls mit­tels spe­zi­el­ler Soft­ware so ver­zerrt wer­den, dass die Auf­nah­me “natür­lich” erscheint. Es gibt auch spe­zi­ell für das Pan­ora­ma­for­mat her­ge­stell­te Kame­ras wie bei­spiels­wei­se die Has­sel­blad XPan II.
  • Schwing­lin­sen-Kame­ra: Die Lin­se die­ser Spe­zi­al­ka­me­ra dreht sich um ihr opti­sches Zen­trum und lässt dabei nur jeweils einen schma­len Spalt Licht auf den Film. Die­ser befin­det sich auf einer gebo­ge­nen Ebe­ne (damit der Abstand Fokus­punkt-Film­ebe­ne kon­stant bleibt). Der Film wird wäh­rend der Auf­nah­me nicht bewegt. Bei­spiel für die­se Kame­ra-Art: die Noblex.
  • Rotations(zeilen)kameras: Wäh­rend die Kame­ra (nicht bloss das Objek­tiv) rotiert wird, wird jeweils nur ein Spalt Licht auf den Film bzw. Sen­sor fal­len. Der Film muss dabei, syn­chron zur Kame­ra­dre­hung, vor­wärts trans­por­tiert wer­den. Bei­spiel für die­se Kame­ra-Art: Roundshot 28–220 (wird nicht mehr produziert). 

Meh­re­re Kame­ras auf ein­mal (eigent­lich eine Mehr-Bild-Lösung):

Pano­no Came­ra (36 Kame­ras, kugel­för­mig angeordnet)

iSTAR (4 Kame­ras, HDR, kom­bi­nier­bar mit LiDAR Laser-Punktwolken)

Kon­ve­xer Spie­gel: Ein Spie­gel wird so vor dem (Normal-)Objektiv posi­tio­niert, dass in einer Auf­nah­me ein 360°-Panorama ent­steht, wenn die Auf­nah­me ent­spre­chend ent­zerrt wird. Der ver­ti­ka­le Auf­nah­me­win­kel ist jedoch beschränkt, eben­so die Bild­qua­li­tät (ins­be­son­de­re gegen den Bild­rand hin). Die­se Tech­nik wird bei­spiels­wei­se in der Waren­haus­über­wa­chung ein­ge­setzt, da sich so auch 360°-Videos auf­neh­men lassen.

 

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