Projektionsarten

Übersicht

Es gibt eine Viel­zahl von Pro­jek­ti­ons­ar­ten für Pan­ora­men, die Über­gän­ge zwi­schen den ein­zel­nen Kate­go­rien sind manch­mal flies­send. Die Kate­go­rien “Kugel”, “Wür­fel” und “Zylin­der” sind wich­tig für das Ver­ste­hen der Abbil­dung eines 360°-Panoramas.

nche Pro­jek­ti­ons­ar­ten erschei­nen uns als “unna­tür­lich”. Ins­be­son­de­re ist es schwie­rig bis unmög­lich, einen sehr gros­sen Bild­win­kel so abzu­bil­den, dass er “natür­lich” wirkt. Wel­che Projektionsarten/Verzerrungen uns als “ange­nehm” erschei­nen und wie meh­re­re von ihnen in einem ein­zel­nen Pan­ora­ma ein­ge­setzt wer­den kön­nen, erör­tern die­se Beiträge:

Zentralprojektion

Das Bild einer Loch­ka­me­ra ist eine Zen­tral­pro­jek­ti­on (engl.: rec­ti­li­ne­ar pan­ora­ma). Auch das Bild, das beim Sehen im so genann­ten Aug­punkt erzeugt wird, sowie Fotos, wel­che mit einem Nor­mal­ob­jek­tiv auf­ge­nom­men wer­den, sind in etwa Zen­tral­pro­jek­tio­nen – durch die Lin­sen wird das Bild jedoch zusätz­lich ton­nen- oder kis­sen­för­mig verzeichnet.

Zylinderprojektion (Mantelabwicklung)

Bei die­ser Pro­jek­ti­ons­art wird wie­der­um vom Bild der Kugel aus­ge­gan­gen. Die Punk­te auf der Kugel­ober­flä­che wer­den nun auf einen Zylin­der­man­tel über­tra­gen (pro­ji­ziert), der abge­wi­ckelt ein Recht­eck ergibt. Es ent­steht dabei eine Ver­zer­rung in Rich­tung der Pole (der Pol selbst kann übri­gens nicht abge­bil­det wer­den, da er sich unend­lich weit vom Äqua­tor ent­fernt befin­den würde).

Eine Beschrei­bung die­ses Vor­gangs und wei­te­re Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen fin­den Sie auf der Home­page von MathWorld.

Von die­ser Pro­jek­ti­ons­form wur­de auch für die Monu­men­tal­pan­ora­men im 19. Jahr­hun­dert aus­ge­gan­gen, da die Bil­der auf (mehr oder weni­ger ebe­ne) Lein­wän­de gemalt wer­den muss­te. Um jedoch bes­se­re Effek­te (gleich­mäs­si­ge­re Beleuch­tung durch weni­ger Faltenwurf/weniger Abstands- und damit Aus­leuch­tungs­dif­fe­ren­zen zum Betrach­ter etc.) zu errei­chen, wur­den die Lein­wän­de nass auf­ge­spannt, so dass sie sich beim Trock­nen an der Ober- und Unter­kan­te etwas zusam­men­zo­gen. Damit han­del­te es sich also genau genom­men nicht um eine “rei­ne” Zylinderprojektion.

Sphärische Projektion (Kugelabwicklung)

Bei die­ser Vor­stel­lung wird davon aus­ge­gan­gen, dass ein Beob­ach­ter sich in einer Kugel befin­det und alle Punk­te sei­ner Umge­bung auf die­ser fik­ti­ven Ple­xi­glas­ku­gel ein­zeich­net, wo er sie sieht. Dabei wird der Beob­ach­ter in sei­ner Grös­se auf einen Punkt redu­ziert, damit kei­ne “Ver­schie­bungs­feh­ler” auf­tre­ten (Par­al­la­xe). Dies ent­spricht der bereits vor­ne (vgl. dazu die Sei­te “Ein­füh­rung”) beschrie­be­nen Vorstellung.

Die Kugel­ober­flä­che (Sphä­re) wird nun auf eine Ebe­ne über­tra­gen (Pro­jek­ti­on), so wie dies bei­spiels­wei­se auch bei Welt­kar­ten gemacht wird. Wenn man sich die Welt­ku­gel dabei als Oran­ge vor­stellt, ent­spricht die­se Pro­jek­ti­on dem Vor­gang des Schä­lens (von Pol zu Pol, also ent­lang der “Län­gen­gra­de”). Damit zwi­schen den ein­zel­nen Strei­fen kei­ne lee­re Räu­me ent­ste­hen, muss die­ser Raum durch ent­spre­chen­de Deh­nung gefüllt wer­den bzw. es müs­sen unend­lich vie­le unend­lich fei­ne Schnit­te vor­ge­nom­men wer­den. Ein his­to­ri­sches Bei­spiel für eine Erd­glo­bus-Seg­ment­kar­te ist die Wald­see­mül­ler-Welt­kar­te von 1507.

Die kor­rek­te deut­sche Bezeich­nung die­ser abstands­treu­en Zylin­der­pro­jek­ti­on ist (qua­dra­ti­sche) Platt­kar­te bzw. Rekt­an­gu­lar­pro­jek­ti­on. Häu­fi­ger anzu­tref­fen sind die Begrif­fe sphä­ri­sches Pan­ora­ma, Kugel­pan­ora­ma oder equi­rekt­an­gu­lä­res Pan­ora­ma (eng­lisch: sphe­ri­cal pan­ora­ma, equi­rec­tan­gu­lar panorama).

Kubische Projektion (Würfelabwicklung)

Wenn die sphä­ri­sche Pro­jek­ti­on nicht auf eine Kugel son­dern auf einen Wür­fel erfolgt, ent­spricht das vol­le 360 x 180°-Panorama den sechs Wür­fel­flä­chen. Alle Wür­fel­flä­chen sind rek­ti­li­nea­re Zen­tral­pro­jek­tio­nen eines Bild­aus­schnitts von 90 x 90°. Im Gegen­satz zur Kugel­ab­wick­lung sind Zenith (Schei­tel­punkt) und Nadir (Fuss­punkt) nicht so stark verzerrt.

Andere Projektionsarten, Varianten und Abgrenzungen

Vertikalpanorama (Längspanorama)

Hier dreht sich der Beob­ach­ter nicht um eine ver­ti­ka­le Ach­se son­dern um eine horizontale.

Kreisringpanorama

Die­se Pro­jek­ti­ons­form fin­det sich häu­fig bei so genann­ten Alp(en)zeigern, Infor­ma­ti­ons­ta­feln bei Aus­sichts­punk­ten, auf denen die sicht­ba­ren Gip­fel des Berg­pan­ora­mas benannt werden.

Im aus­ge­hen­den 19. Jahr­hun­dert war die­se Dar­stel­lungs­form auch als Druck beliebt. Ein Bei­spiel: Gott­fried Küm­mer­ly, Rund­sicht von der Alta­ne des Bun­des­ra­th­hau­ses, Bern 1858 (als PDF-Doku­ment).

Little Planet”, “PanoPlanet”, “Tiny Planet”

Dabei han­delt es sich um einen Sam­mel­be­griff für ste­reo­gra­fi­sche, hyper­bo­li­sche oder Fisch­au­gen-Pro­jek­ti­on bzw. Umwand­lun­gen von recht­ecki­gen Koor­di­na­ten in Polarkoordinaten.

Sie kön­nen die­se “klei­nen Wel­ten” mit Pan­ora­ma­soft­ware wie PTGui, Hugin, Pano2VR oder Fil­tern in Gra­fik­soft­ware wie Fle­xi­fy 2 (für Pho­to­shop und Paint Shop Pro) bzw. dem Polar­ko­or­di­na­ten-Fil­ter für Pho­to­shop oder GIMP her­stel­len. Es gibt auch eine flickr-Grup­pe “Crea­te Your Own Pla­nets”.

Parallelprojektion

Nicht zu den Pan­ora­men gehört die so genann­te Par­al­lel­pro­jek­ti­on (engl.: line­ar pan­ora­ma). Hier erfolgt die Pro­jek­ti­on nicht auf einen ein­zel­nen Punkt (“Betrach­ter”) son­dern auf eine Ebe­ne. Der Betrach­ter scheint – auf­grund der feh­len­den Zen­tral­per­spek­ti­ve – unend­lich weit von der dar­ge­stell­ten Sze­ne ent­fernt zu sein. Ein Spe­zi­al­fall stellt die ortho­go­na­le (senk­rech­te) Par­al­lel­pro­jek­ti­on dar, die bei­spiels­wei­se bei den Ortho­fo­to­gra­fien (Luft­bild­auf­nah­men, aus denen Kar­ten erstellt wer­den) vorkommt.

Bei­spie­le und wei­ter­füh­ren­de Links:

(Die Fas­sa­den der Häu­ser der gan­zen Haupt­gas­se, beid­sei­tig, auf meh­re­ren Teil­bil­dern, in Tusche fest­ge­hal­ten. Fas­zi­nie­rend. Lei­der ver­grif­fen, aber anti­qua­risch erhältlich.)

Digi­ta­le “Pan­ora­men” fran­zö­si­scher Ein­kaufs­zen­tren (im Ori­gi­nal mehr als zwei Meter lang)

Karte

Eigent­lich han­delt es sich bei den klas­si­schen Land­kar­ten um eine Unter­ka­te­go­rie der Par­al­lel­pro­jek­ti­on (wobei die Pro­jek­ti­ons­ebe­ne par­al­lel zur Erd­ober­flä­che ver­läuft). Einen Grenz­fall zum Pan­ora­ma kön­nen so genann­te Reli­ef­kar­ten dar­stel­len, bei denen es sich jedoch um tex­tu­rier­te 3D-Model­le (dazu sogleich mehr) handelt.

Bei­spie­le:

  • World Wind von der NASA: erlaubt die drei­di­men­sio­na­le Ansicht der gesam­ten Erd­ober­flä­che (errech­net aus mehr oder weni­ger aktu­el­len Satellitenbildern).
  • Goog­le Earth: Ihr 3D-Blick auf die Erde.

3D-Modell

Einleitendes

3D-Soft­ware wird bei­spiels­wei­se ein­ge­setzt in der Archi­tek­tur, im Maschi­nen­bau, in der Com­pu­ter­game-Ent­wick­lung. Aus dem Modell­raum her­aus kön­nen – aus jeder gewünsch­ten Per­spek­ti­ve – Pan­ora­men berech­net wer­den. Es sind dem­nach in einem vir­tu­el­len Raum unend­lich vie­le Pan­ora­men dar­stell­bar. Wei­ter ist es mög­lich, 3D-Model­le zu tex­tu­rie­ren, also mit einem Ober­flä­chen­mus­ter zu ver­se­hen (dabei kann es sich wie­der­um um kon­stru­ier­te Mus­ter han­deln, aber auch um Fotografien).

Die Model­le kön­nen ent­we­der von Anfang an als Vek­tor­mo­del­le kon­stru­iert wer­den oder es kön­nen meh­re­re (meis­tens: ste­reo­sko­pi­sche) Pan­ora­men als Grund­la­ge für die Berech­nung ver­wen­det wer­den. Ein­drück­li­che Bei­spie­le für die­se Ver­schmel­zung von Foto­pa­nos mit Model­len fin­den sich auf der Home­page von Greg Dow­ning. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zu die­sem The­men­ge­biet fin­den sich unter den Stich­wor­ten “Pho­to­gram­me­trie” und “Ste­reo-Foto­gra­fie”.

Aufnahme von 3D-Modellen

  • Laser­scan­ner: Kön­nen aus Heli­ko­ptern oder Flug­zeu­gen (Air­bor­ne Laser­scan­ning ) oder auf dem Boden (Ter­res­tri­sches Laser­scan­ning ) ver­wen­det wer­den. Es gibt auch trag­ba­re 3D-Scan­ner , ja sogar das Smart­phone kann zum 3D-San­ner wer­den . Bei­spie­le von Her­stel­lern: Lei­ca Geo­sys­tems , Faro Laser­scan­ner , David Laser­scan­ner  (für Einsteiger).
  • Pho­to­gram­me­trie: Aus ein­zel­nen Foto­gra­fien wir ein räum­li­ches Modell errech­net. Bei­spiels­wei­se mit der Soft­ware Pho­to­Mo­de­ler  oder der 3D Mea­su­re­ment Solu­ti­on von Sphe­ron­VR . Eine ein­fa­che Art, ein ste­reo­sko­pi­sches Pan­ora­ma her­zu­stel­len, sind Prismenspiegel .
  • Infra­rot­sen­sor: Einen wei­te­ren Ansatz ver­folgt Marek Kowal­ski, indem er Kinect V2-Sen­so­ren der Xbox One (Infra­rot-Bewe­gungs­sen­sor, kom­bi­niert mit einer Kame­ra) ver­wen­det. Dies erlaubt eine Echt­zeit-Dar­stel­lung drei­di­men­sio­na­ler Objek­te, vgl. dazu sei­ne Web­sei­te “LiveScan3D” .

Beispiele interessanter Projekte zum Thema 3D

Abwicklungen von 3D-Körper

Mischformen

Eine Ver­bin­dung von Foto­pan­ora­ma und 3D-Modell ist eben­falls mög­lich, ver­glei­che hier­zu das Bei­spiel von B.K. Nils­sen.

Bei­spiels­wei­se kön­nen so Pan­ora­men mit ein­kon­stru­ier­ten Crash-Objek­ten für Modell­flug­si­mu­la­to­ren (z.B. Reflex XTR, Realf­light, FMS, Phoe­nix RC und HELI‑X etc.) erstellt wer­den. Ver­glei­che zu die­sem – mitt­ler­wei­le recht umfas­sen­den Gebiet – die Sei­te von Harald Bend­schnei­der.

Die Gren­zen zwi­schen “klas­si­schem” Foto-Pan­ora­ma und vir­tu­el­ler 3D-Sze­ne sind mitt­ler­wei­le fliessend.

Object Movies

In Object Movies wer­den 3D-Objek­te dar­ge­stellt, die aus ver­schie­de­nen Blick­win­keln betrach­tet wer­den kön­nen. Ver­brei­tet sind Object Movies ins­be­son­de­re bei Produkte-Präsentationen.

Im Ver­gleich zu einem Pan­ora­ma sind die Rol­len von Sub­jekt (Betrach­ter) und Objekt (dar­ge­stell­ter Bild­raum) ver­tauscht: Das Objekt dreht sich um eine Ach­se bzw. einen Punkt, der Betrach­ter hin­ge­gen bleibt stationär.

Zum Erstel­len der Object Movies wird der ent­spre­chen­de Gegen­stand ent­we­der von allen Sei­ten foto­gra­fiert, oder aber auf einem Dreh­tel­ler, jeweils in einem bestimm­ten Win­kel­ab­stand (das kann von einem selbst gebau­ten Dreh­tel­ler über die pro­fes­sio­nel­le Lösung der Peace River Stu­di­os bis hin zum Jum­bo Dri­ve Turn­ta­ble von RODEON  rei­chen, je nach Objekt und Ansprüchen).

 

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