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Vorbemerkung
Beim so genannten Stitching werden die einzelnen Bilder zu einem Panorama zusammengesetzt (“zusammengenäht”). Dabei müssen die Bilder entsprechend geometrisch verformt (engl.: image warping) und die Bildfarben aufeinander abgestimmt werden. Es gibt mittlerweile eine grosse Auswahl an Software, die diese Aufgaben übernimmt (teilweise werden zusätzliche Plugins benötigt), beispielsweise:
Panoramasoftware:
Parallaxenfehler
Parallaxenfehler (relative Verschiebung nahe gelegener und weit entfernter Gegenstände auf den verschiedenen Einzelbildern) entstehen, wenn die Kamera nicht um den korrekten Drehpunkt geschwenkt wird. Wie Sie diesen Drehpunkt finden, ist weiter oben beschrieben, nämlich unter dem Titel “Drehpunkt” auf der Seite “Aufnahme”.
Durch die Parallaxenverschiebung können die entsprechenden Bildausschnitte nicht durch geometrische Transformationen in Übereinstimmung gebracht werden. Kleinere Fehler können mit entsprechender Software (beispielsweise Smartblend) “korrigiert” werden.
Bewegte Objekte
Bewegte Objekte (Person, welche sich während der Aufnahme bewegt, Auto, welches durchs Bild fährt, Blätter, die sich im Wind bewegen etc.) führen wie die Parallaxenfehler dazu, dass die Einzelbilder nicht mehr deckungsgleich übereinander gelegt werden können. Zu korrigieren sind sie grundsätzlich gleich wie Parallaxenfehler.
Störungsmuster (Moiré-/Treppen-Effekt)
Der so genannte Moiré-Effekt tritt auf, wenn verschiedene “Gitter” (Raster) übereinander gelegt werden.
Er kann beispielsweise auftreten beim Fotografieren (Raster des Sensors), beim Scannen (Raster des Sensors), beim Betrachten von am Bildschirm (Raster der Bildschirmpixel) oder beim Interpolieren (Ändern der Grösse) eines Bildes (Rundungsfehler).
Ist das Bild bewegt (z.B. Panorama mit Autorotation) führt dies zu einem störenden Bildflackern (engl. jitter). Je nach verwendetem Viewer fällt dieser Effekt unterschiedlich stark aus. Wenn Sie auf nebenstehendes Gitterbild klicken, öffnet sich eine animierte *.GIF-Grafik, die den Effekt zeigt. Ziehen Sie die rechte untere Ecke des Fensters so, dass das Fenster kleiner wird – nun sehen Sie noch den zusätzlichen “Verschlimmerungseffekt” durch die Grössenänderung.
Auch der “Treppeneffekt” führt zu einem flackernden bewegten Bild. Dieser Effekt kann durch Kantenglättung (so genanntes Anti-Aliasing) vermindert werden. Die Pixel im Kantenbereich werden dabei farblich den benachbarten Bildpunkten angepasst. Dadurch erscheinen die Kanten weicher (unter Umständen jedoch die ganze Linie breiter).
Bei Panoramen ist dies insbesondere bei geraden Linien ein Problem, beispielsweise bei Gebäuden. Vermieden werden können die Effekte durch sparsame Verwendung von Interpolationen (Grössenänderungen nur soweit notwendig), Einsatz der angemessenen Interpolatoren (dazu sogleich mehr) und gezieltem Einsatz von Schärfe- bzw. Unschärfe-Filter bei der Bildbearbeitung.
Auch die Grösse der einzelnen Cube-Teile sollte möglichst an die Ausgabegrösse angepasst werden, da auch hier ansonsten die genannten Effekte in starkem Mass auftreten können.
Falls ein fertiges 360°-Panorama verkleinert werden soll, bitte nicht mittels Photoshops Grössenänderungsfunktion sondern mittels spezieller Panoramasoftware. Ansonsten entsteht an der Nahtstelle (= Aussenkante des Bildes) ein Bildfehler, der in einigen Viewern ziemlich hässlich “flackert”.
Kontrollpunkte
Werden die Kontrollpunkte nicht sorgfältig ausgewählt, werden die Einzelbilder falsch ver- bzw. entzerrt. Eine gewisse Fehlertoleranz kann durch geschicktes Ausschneiden an den Kanten der Einzelbilder erreicht werden. Bei grösseren Fehlern müssen die Kontrollpunkt neu ausgewählt (bzw. die falschen gelöscht) werden. Möglichst viele Kontrollpunkte bedeuten übrigens nicht ein zwingend ein optimales Resultat. Wenn die relevanten Parameter des Aufnahmesystems (FOV, Verzerrungsparameter, yaw, pitch, roll etc.) genau bestimmt worden sind, führen wenige Kontrollpunkte zu sehr guten Ergebnissen.
Bei der Verwendung von PTGui, Autopano-SIFT und ähnlicher Software, die Kontrollpunkte automatisch generiert, ist die Fehlerquote allerdings vernachlässigbar klein. Einzig bei monochromen Flächen oder grossen Hell-Dunkel-Unterschieden haben diese “automatische Kontrollpunkt-Finder” Mühe, Referenzpunkte zu finden. Für PTGui gibts übrigens das Programm APClean, das falsch generierte Kontrollpunkte aufgrund statistischer Analyse entfernt.
Weissabgleich (Farbtemperatur)
Vor allem billigere Digitalkameras verfügen bezüglich Weissabgleich nicht gerade über viele Möglichkeiten. Ohne Weissabgleich ist es nur sehr schwer möglich, die Farben der Einzelbilder aufeinander abzugleichen. Eine softwaremässige Lösung dieses Problems (das übrigens auch bei einem korrekten Weissabgleich besteht) bietet beispielsweise (neben den Möglichkeiten von PanoTools und weiterer Stitcher-Software) das Plugin “Metrix” der PSI PhotoSynthesis, Inc. oder die OpenSource-Software “Enblend” oder “Smartblend”.
Belichtung, HDRI, Tone Mapping, Exposure Blending, DRI
Es ist wichtig, dass die Blendenöffnung während dem Rotieren der Kamera konstant ist (bzw. zwischen den Einzelbildern nicht zu stark variiert). Da die automatische Belichtungsmessung versucht abzublenden, wenn die Kamera in Richtung Sonne gedreht wird, muss die Blendenöffnung arretiert werden (was nicht bei allen Digitalkameras möglich ist). Für die Verarbeitung der (leicht) verschieden belichteten Einzelbilder kann sinngemäss auf das unter “Farbabgleich” Gesagte verwiesen werden. Stark unterschiedliche Belichtungen können meist nicht mehr korrigiert werden.
Probleme können beispielsweise stark unterschiedliche Lichtverhältnisse innerhalb von Räumen (z.B. Fenster/Inneneinrichtung) darstellen. Eine Möglichkeit besteht darin, mehrere Bilder mit unterschiedlicher Blendenöffnung aufzunehmen (exposure bracketing). Diese können dann entweder “übereinander geblendet” werden (exposure blending) oder mittels spezieller Software zuerst in Hochkontrastbilder (High Dynamic Range Images, HDRI) und danach mit Dynamikkompression (tone mapping) in Bilder umgewandelt werden, welche den gesamten Dynamikumfang der Aufnahmesituation “komprimiert” wiedergeben.
Entsprechende Software finden Sie im Kapitel “Links und Literatur”. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im Buch von Jürgen Held, Digitale Fotopraxis HDR-Fotografie, Das umfassende Handbuch, erschienen im Rheinwerk-Verlag.
Lens Flare
Weiter können beim direkten Fotografieren von Lichtquellen geisterhafte Artefakte (engl.: lens flares) auftauchen, die ungewollte Spiegelungen (z.B. zwischen den einzelnen Linsen des Objektivs oder bei Kratzern). Je näher sich die Lichtquelle bei der Bildmitte befindet, desto kleiner ist dieser Effekt meist. Bei der Aufnahme von Bildern, in denen die Sonne sichtbar ist (bei Kugelpanoramen ist dies immer dann der Fall, wenn sich die Kamera nicht im Schatten befindet), sollte dies berücksichtigt werden. Entweder werden die Artefakte weggretouchiert, die Sonne während der Aufnahme abgedeckt oder – als besonderer Blickfang – im Bild belassen.
Schatten
Probleme können auch die Schatten des Fotografierenden und/oder des Stativs bereiten. Dies insbesondere, wenn der Schattenwurf im Endbild nicht sichtbar sein soll. Der Schatten des (sich bewegenden) Fotografen kann zudem zu Problemen führen, die oben, unter “bewegte Objekte”, beschrieben wurden.
Schattenzonen können nicht einfach aufgehellt werden, damit sie sich ins übrige Bild einpassen. Schattenbereiche unterscheiden sich zusätzlich in ihrer Farbe von ausgeleuchteten Zonen. Sofern nicht mit der HDR-Technik aufgenommen, gehen in Schattenzonen auch Bilddetails verloren.
Bei zusätzlicher Beleuchtung, die mit der Kamera geschwenkt wird (z.B. für das gleichmässigere Ausleuchten von Innenräumen), scheint ein Objekt Schatten in verschiedene Richtungen zu werfen. Insbesondere bei wenigen Teilaufnahmen (d.h. grossem Drehwinkel) erscheinen diese Schatten nicht “strahlenförmig” (so dass auf eine punktförmige Lichtquelle im Drehpunkt geschlossen werden könnte) sondern wie eine entsprechende Anzahl Scheinwerfer, die radial um diesen Knotenpunkt angeordnet sind. Eine derartige Beleuchtung scheint zumindest ungewohnt.
Unerwünschte Schatten müssen mittels Retouche im Bildbearbeitungsprogramm entfernt werden.
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